Am Samstag, den 26. September 2020, hat die CDU Hessen auf dem Landesparteitag in Willingen ihre Satzung geändert und die Möglichkeit geschaffen, sogenannte Notparteitage durchzuführen. Der Landesvorstand begründet dies mit Verweis auf die Corona-Pandemie. Im Extremfall würden bei einem solchen Notparteitag nur noch ein(e) Delegierte(r) pro 100 Mitglieder zusammenkommen.
Hierzu erklärt Luca Rath, Ko-Initiator von „Die Basis – Initiative für mehr Mitgliederbeteiligung in CDU und CSU“: „Eine Wahlkreisdelegiertenversammlung zur Nominierung von Bundestagskandidaten könnte so auf die Größe eines Kaffeekränzchens zusammenschrumpfen.“
Warum nicht digital?
Die hessische Entscheidung fiel in Willingen, während zeitgleich in Bayern die CSU ihren Landesparteitag digital durchführte. Auch der Vorlauf zum CDU-Bundesparteitag im Dezember soll digital erfolgen. Und schließlich verwendet die CDU Hessen selbst bereits seit 2016 digitale Abstimmungen für ihr Virtuelles Netzwerk.
Aus Sicht von Dr. Frank Somogyi, Ko-Initiator von „Die Basis“, ist der digitale Weg der deutlich bessere: „Digitale Parteitage sind die bessere Alternative zu Notparteitagen, um unter Corona-Bedingungen Politik zu machen. Der heutige Stand der Technik, den wir in allen Lebensbereichen nutzen, erlaubt auch in der Politik die Teilhabe aller Delegierten und – darüber hinaus – auch aller Mitglieder. Die CDU Hessen muss das nur wollen.“
Wie ist die Rechtslage?
Der Deutsche Bundestag ändert derzeit das Bundeswahlgesetz, um digitale Parteitage und Briefwahl zu ermöglichen. „Die Basis“ begrüßt diese Gesetzesänderung, an der auch die hessischen Bundestagsabgeordneten mitwirken. Laut CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag soll das Gesetz rechtzeitig zur Aufstellung der Bundestagskandidaten in Kraft treten. Es gibt somit keine Begründung, die derzeit ein vom Bund abweichendes Vorgehen in Hessen notwendig machen würde.
Dr. Martin Heipertz, Ko-Initiator von „Die Basis“ und Bewerber um die Nominierung im Bundestagswahlkreis 182 Frankfurt-West, erklärt: „Die hessischen Notparteitage sind verfassungsrechtlich riskant. Sie schränken die innerparteiliche demokratische Willensbildung ein, die nach dem Grundgesetz einen hohen Stellenwert hat. Die Delegation der Auswahlentscheidung der Kandidaten auf ein Minigremium hätte auch negative Auswirkungen auf die vom Grundgesetz geforderte Chancengleichheit aller Kandidaten.“
Was ist zu tun?
Angesichts der erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken sollte von der hessischen Satzungsänderung kein Gebrauch gemacht werden.
Katharina Wangler, Mitglied von „Die Basis“, schlägt vor: „Aus unserer Sicht sollten die verfassungsrechtlichen Risiken des hessischen Vorgehens durch einen Beschluss des Landesvorstands reduziert werden. Ein solcher Beschluss sollte insbesondere klarstellen, dass die Regelung über Notparteitage nur für die Corona-Krise 2020 und nur vorsorglich bis zum Inkrafttreten der Änderung des Bundeswahlgesetzes gilt und dass von ihr nach Möglichkeit kein Gebrauch gemacht wird (ultima ratio). Lebendige Demokratie erfordert einen offenen Meinungswettstreit um die beste Politik, an dem so viele unserer Mitglieder wie möglich teilhaben können. Digitale Formate werden doch während der Coronakrise in Wirtschaft und Verwaltung, aber auch in der Bundes- und Landes-CDU schon sehr erfolgreich genutzt – warum jetzt auf einmal nicht mehr?“
Die Initiative „Die BASIS“ hat ihren Ursprung in Frankfurt am Main, Heidelberg und Berlin und will bundesweit das Engagement in CDU und CSU beleben. Sie ist eine Gruppe von Unionsmitgliedern unterschiedlicher inhaltlicher Ausrichtung, verfolgt keine konkreten inhaltlichen Ziele, sondern will dem Mitgliederwillen eine größere Bedeutung bei der Ausrichtung der Union verleihen. Die Initiatoren sind Dr. Martin Heipertz, Luca Rath und Dr. Frank Somogyi.